Hans Wilhelm von Losenstein
Hans Wilhelm von Losenstein war der Ältere der beiden Söhne von Christoph II. mit seiner Gattin Christina von Montfort und wurde im Jahr 1546 geboren. Von seinen 4 Geschwistern erreichte aber lediglich sein um zwei Jahre ältere Bruder Georg Achaz mit ihm das Erwachsenenalter.
Als sein Vater Christoph II. im Jahr 1558 starb, war Hans Wilhelm gerade mal 12 Jahre alt, doch hatte sein Vater testamentarisch verfügt, dass er sein Nachfolger auf der Schallaburg werden sollte. Sein Bruder Georg Achaz erhielt dafür das Stammschloss Losensteinleithen, die Herrschaften Weißenburg a.d. Pielach und ein Drittel der Burg Losenstein.
Seine Bildung
Hans Wilhelm ging in Wittenberg oder Regensburg zur Schule. Im Alter von 21 Jahren inskripierte er 1563 an der berühmten Universität von Padua Rechtswissenschaften. Während dieser Studienzeit hatte Hans Wilhelm auch ausreichend Gelegenheit, den in Italien schon weit verbreiteten Renaissancestil zu studieren und seine Eindrücke später mit nach Niederösterreich zu nehmen.
Weiters wurde er (wie auch sein Bruder Georg Achaz I.) von seinem Vater für gesamt 8 Jahre in fremde Länder wie "Boeheim, Frankreich und Welschland (Anm.: Italien)" geschickt, damit er sich "weiter umbsehe und was erfare und neben freyen Kuensten auch frembde Sprachen lerne inmassen" - so beherrschte Hans Wilhelm schlussendlich neben Deutsch auch Latein, Böhmisch, Italienisch und Französisch und war darin "wol beredt gewesen"...
Seine Familie
Am 11. Juli 1568 heiratete Hans Wilhelm auf Schloss Polheim bei Wels die damals zwanzigjährige Radegund von Scherffenberg. Die Ehe blieb allerdings kinderlos und als Radegund im Jahr 1597 starb, heiratete er nach einem Trauerjahr die Wittwe Christine von Roggendorf. Doch auch diese Ehe blieb kinderlos.
Sein Lebenswerk
Ganz im Gegensatz zu seinem Vater bekleidete Hans Wilhelm zwar einige Titel bei den regierenden Landesfürsten (1582 Kämmerer und ab 1588 Oberst Hofmarschall bei Erzherzog Matthias bzw. ab 1591 gewählter kaiserlicher Rat), jedoch waren dies reine Ehrenämter ohne tatsächliche Funktion.
Hans Wilhelm war vielmehr damit beschäftigt, das Werk seines Vaters Christoph II. - welcher bereits mit dem ersten Umbau des Schlosses und dem Wiederaufbau des kirchlichen Lebens in Loosdorf begonnen hatte - mit derselben Begeisterung fortzuführen. Dazu gehörten
1) Der Ausbau der Schallaburg
Mit derselben Tatkraft wie sein Vater vollbrachte er den großzügigen und prachtvollen Ausbau der Schallaburg von einer mittelalterlichen Burg zu einer der prächtigsten Renaissanceschlösser unserer Breiten. Diese konnte zwar immer noch verteidigt werden, diente aber vornehmlich den gesteigerten Wohnbedürfnissen und der Repräsentation. Eindeutiges Vorbild dafür waren die italienischen Palazzi aus seiner Studienzeit. In den Jahren 1572 bis 1600 wurde neben dem Turniergarten auch der große Arkadenhof mit seinen repräsentativen zweigeschossigen Laubengängen und dem einzigartigen Terrakotta-Schmuck - bestehend aus etwas 1.600 Einzelteilen - errichtet:
Vor dem Umbau:
Nach dem Umbau:
Der Ort Loosdorf
Hier erwirkte Hans Wilhelm vom Kaiser im Jahr 1584 die Erhebung des Ortes zum Markt und erreichte, das ab dem Jahr 1588 jährlich ein Markt abgehalten werden durfte, was Loosdorf erhebliche wirtschaftliche Vorteile brachte. Auch war er es, der bei Kaiser Rudolf II. im Jahr 1590 erwirkte, dass Loosdorf ein eigenes Wappen verliehen bekam. Noch heute ziert deshalb der Panther der Losensteiner das Loosdorfer Marktwappen:
Auch dies ein Zeichen des großen Vertrauens, welches Hans Wilhelm am kaiserlichen Hof zu seiner Zeit genossen hat. Loosdorf hält das Losensteiner Erbe übrigens heute noch hoch - so findet man neben einer "Losensteinerstraße" auch eine "Losensteinerhalle" als modernen Veranstaltungsort.
Die Pfarrkirche Loosdorf
Nachdem die alte Pfarrkirche in Loosdorf bei den Türkeneinfällen 1529/1532 gänzlich zerstört und nicht mehr aufgebaut wurde, begann bereits sein Vater Christoph II. im Jahr 1550 mit dem Wiederaufbau des Gotteshauses als protestantisches Gebetshaus. Nun führte Hans Wilhelm das Werk ab dem Jahr 1570 fort und stellte es im deutschen Renaissancestil schließlich 1588 fertig. Sie zählt heute zu den bedeutendsten Kirchenbauten der Reformationszeit in Niederösterreich:
Im Zuge der Gegenreformation wurde die Kirche dann aber innen und außen barockisiert, einzig die Deckengestaltung im Innenraum und die weite, saalartige Konstruktion erinnert noch an das Werk Hans Wilhelms. Neben der Pfarrkirche lies Hans Wilhelm auch den dazugehörigen Pfarrhof gänzlich neu errichten. All diese Investitionen tätigte er aus eigener Tasche!
Die Hohe Schule
Ein großer Wunsch seines Vaters war es, eine Schule für die Bürger von Loosdorf und die umliegende adelige Jugend zu erbauen. Hans Wilhelm kam diesem Wunsch mit der Errichtung der sog. "Hohen Schule" in Loosdorf nach und ließ im selben Jahr auch eine eigene Schulordnung anfertigen und drucken, welche einen detailliert ausgearbeiteten Lehrplan für 4 Klassen in den Fächern Latein, Griechisch, Musik, Dialektik, Rhetorik, Poetik und Arithmetik (Mathematik), Geschichte, Hebräisch und schlußendlich auch philophischen Einführungsunterricht beinhaltete.
Eine detaillierte Beschreibung der Hohen Schule findet Ihr HIER.
Sein Tod
Hans Wilhelm von Losenstein stirbt schließlich im Jahre 1601 nach einem erfüllten und arbeitsreichen Leben im Alter von 56 Jahren und wurde in der von ihm errichteten Loosdorfer Kirche beigesetzt. Dieses Grabmal wurde später in die Schloßkapelle der Schallaburg verlegt und beherbergt ein spektakuläres Hochgrab. Die Grabplatte trägt die nahezu vollplastische Figur Hans Wilhelms, dargestellt in voller Rüstung.
Er hinterließ zwar ein großartiges Lebenswerk, damit verbunden auch einen riesigen Schuldenberg und leitete damit zugleich das Ende der Linie von Losenstein zu Losensteinleithen & Schallaburg ein.
Als Hans Wilhelm im Jahr 1601 kinderlos verstarb, gelangte sein Erbe in die Hände seines Neffen Georg Christoph II. Dieser hoffte, die Schuldenlast durch die Heirat der reichen Anna von Stubenberg zu verringern, jedoch führte Georg Christoph II. selbst ein sehr verschwenderisches Leben, sodass die Schulden bis zum Jahr 1614 auf fl 120.000 anstiegen und erste Klagen auf Georg Christoph zukamen. Er war bankrott - so kaufte ihm sein Schwiegervater Georg von Stubenberg die Schallaburg ab und übernahm die Schuldenlast. Der einzige Sohn Georg Wolfgang wiederum musste schlußendlich völlig verarmt nach Böhmen emigrieren und endete damit auch die Linie Losensteinleithen zu Schallaburg im Jahr 1635.
Quellen: